Schwangerschaft und Osteopathie – diese Kombi ist kaum mehr wegzudenken. Allerspätestens mit Kindern lernen wir, osteopathische Behandlungen als effektive Ergänzung zu anderen Methoden wie Physio- oder Ergotherapie zu schätzen.

Kurz nach dem Launch unserer Website trafen wir zum ersten Mal Stefan Schmitt, der in Trier führend ist, wenn es um Osteopathie für Mutter und Kind geht. Wir plauderten über seine Arbeit, die magische SSW 38 und vor allem aber über sein jüngstes Projekt: ein umfassender Ratgeber für Eltern, der seit Anfang des Jahres erhältlich ist.

1. Wer bist du und was machst du?

Mein Name ist Stefan Schmitt, ich bin verheiratet, Vater einer Tochter und seit Kurzem Opa, was nicht so schmerzhaft ist, wie anfangs gedacht (grinst).

Ich kam 1982 nach Trier zur Ausbildung am Brüderkrankenhaus und bin sozusagen in Trier hängen geblieben. Im Mai 1987 eröffnete ich meine erste Praxis in der Brückenstraße und leitete diese bis 1998. Mit dem Abschluss meiner Ausbildung in der Osteopathie war es notwendig, die Physiotherapiepraxis abzugeben, da ich künftig osteopathisch tätig sein wollte. Meine neue Praxis entstand in Konz und bis Ende 2014 habe ich dort gearbeitet. 

Nachdem die Sanierungsarbeiten im ehemaligen Kasernenbereich Castelnau im Stadtteil Feyen beendet waren, habe ich dort neue Räume bezogen und bin mit dem Standort sehr glücklich. Neben einer perfekten Infrastruktur hat die Praxis jetzt wieder Busanbindung, die rege in Anspruch genommen wird.

Der Schwerpunkt meiner Arbeit ist seit nunmehr 25 Jahren die Betreuung von Schwangeren und ihren Neugeborenen sowie die Begleitung der Mütter in der Rückbildung. Darüber hinaus liegt mein Fokus auf der Arbeit mit Kindern. Bei Kleinkindern über die Grundschulzeit bis in die Pubertät bietet das osteopathische Konzept eine Fülle von Behandlungsansätzen zur Unterstützung der Kompensationsfähigkeit bei wachstumsbedingten Funktionsbeeinträchtigungen sowie nach Verletzungen und Infektionskrankheiten. Eine ideale Ergänzung und Erweiterung der Betreuung durch den Kinderarzt und Kollegen aus den Bereichen Physio-, Logo- und Ergotherapie, die dieses Angebot sehr gerne annehmen. In der interdisziplinären Zusammenarbeit hat sich in den letzten Jahren die Kooperation mit Kieferorthopäden und Zahnärzten sehr gut entwickelt. Eine ganz spezielle Gruppe aus der Ärzteschaft, die ebenfalls mit Neugeborenen zu tun hat, ist hier, mit zunehmend löblichen Ausnahmen (Grüße nach Wittlich und Biewer) etwas zurückhaltender. Ich ordne diese Verweigerungshaltung unter „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht, und in der Eifel schon gar nicht“ ein, und übe mich in Geduld, bis der erkenntnistheoretische Horizont nicht mehr dogmatisch vernagelt und einer sachlich-fachlichen Diskussion der Boden bereitet ist.

2. Nach der Geburt dreht sich erst einmal alles um das Baby. Wieso ist es deiner Meinung nach wichtig, dass auch die Mamas nach der Geburt nach sich schauen lassen und sich ggf. osteopathisch behandeln lassen?

Die Nachsorge für die Mütter ist ein zentrales Thema im Rahmen der Betrachtung von Schwangerschaft und Geburt. Rechtzeitige Korrekturbehandlungen für die statische Muskulatur und die dazugehörigen Gelenke und Faszienstrukturen sollten möglichst zeitnah erfolgen. Wenn gestillt wird, muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Menge an Hormonen, die das Bindegewebe weich halten, einer stabilen Korrekturbehandlung im Wege stehen und in der Regel nach dem Abstillen eine erneute Korrektur erfolgen muss.

3. Wie sieht es mit der Prävention aus? Ist es für werdende Mütter ratsam, sich vor der Geburt osteopathisch durchchecken zu lassen?

Die SSW 38 ist eine geradezu magische Zahl in der osteopathischen Medizin. Beckenkorrektur ist hier das Zauberwort. Das Kreuzbein im Beckenring ist der Knochen, um den sich die gesamte Austreibungsphase dreht. Eine korrekte Position und die korrekte Mobilität vom Kreuzbein sind für den Geburtsverlauf essenziell.

Darüber hinaus sind so gut wie alle Ansätze der osteopathischen Medizin von einem zentralen präventiven Ansatz geprägt.

4. Ganz neu auf dem Markt ist dein Buch 2+1 = alles Neu: ein Elternratgeber aus der osteopathischen Praxis“. Wieso war es dir so wichtig, deine praktische Arbeit aufzuschreiben?

Es hat sich gezeigt, dass sich eine große Zahl von Unsicherheiten und Fragestellungen, vor allem bei der ersten Schwangerschaft, wie ein roter Faden durch die Beratungspraxis zieht. Das Gleiche gilt für die erste Zeit mit dem Neugeborenen. Hier habe ich die Themen, die mir am häufigsten begegnen, zusammengestellt und auf einen lesbaren Rahmen geschrumpft. Die meisten Ratgeber sind viel zu umfangreich, um einen schnellen Informationstransfer zu gewährleisten, und beim Anblick eines dicken Wälzers vergeht den jungen Eltern schnell die Lust. Für die Fachleute, die mit der Begleitung der Familien zu tun haben, ging es mir darum, den osteopathischen Standpunkt zu beleuchten und zu erklären, ohne andere Sichtweisen zu diskreditieren oder belehrend zu wirken. Auf diese Weise erhoffe ich mir, bestehende Vorurteile abzubauen und eine Zusammenarbeit aller Fachgruppen anzuregen. Die Kräfte zu bündeln und Brücken zu bauen ist letztlich vor allem für die Ratsuchenden von Vorteil.

5. Findet man in deinem Ratgeber auch praxisnahe Tipps, die man zu Hause direkt umsetzen kann?

Genau darum ging es mir bei der Konzeption. Etwa die zweite Hälfte des Ratgebers beschäftigt sich genau damit. Die Fragen, die immer wieder in meiner Praxis auftauchen, sind genauso wiedergegeben, wie sie mir tatsächlich gestellt worden sind, und werden kurz und knapp beantwortet. 

Im ersten Teil beschreibe ich die Mechanismen, die für Anpassungsprobleme verantwortlich sind, und in welchem Kontext diese betrachtet werden müssen.

Einige aus meiner Sicht ganz entscheidende Hinweise für Schwangerschaft und Geburt sind diesem Abschnitt vorangestellt. Alle, die im Kreißsaal Verantwortung tragen und das Wohl von Mutter und Kind als höchste Prämisse ansehen, verdienen allergrößten Respekt für ihren täglichen Einsatz. Hier das Hebammenwissen außer Acht zu lassen, ist aber eine äußerst bedenkliche Entwicklung, die in der öffentlichen Diskussion noch gar nicht in erforderlichem Umfang angekommen ist.

VIELEN DANK FÜR DAS GESPRÄCH!

Stefans Buch ist als E-Book oder Taschenbuch erhältlich: