Seit nunmehr einem Jahr gibt es die Hebammenzentrale Trier. Lang ersehnt und so bitter nötig war sie! Wir wollten wissen, wie es Mitgründerin Lina Neitscher und ihrem Team der Hebammenzentrale in den letzten 12 Monaten ergangen ist und trafen uns in den Räumlichkeiten in der Trierer Südallee. Kurz und gut: Es war nur folgerichtig die Hebammenzentrale ins Leben zu rufen, denn direkt nach Eröffnung stand das Telefon nicht lange still.

Am 1.1.2020 feierte die Hebammenzentrale in Trier ihren ersten Geburtstag

Schon seit 2014 verfolgen die Trierer Hebammen die Idee, eine Hebammenzentrale einzurichten. Der Grund war simpel: Es gab einfach immer mehr Anfragen, als Betreuung angeboten werden konnte.

Früh gab es Ideen, wie man den Hebammenmangel zumindest ein wenig auffangen könnte. Doch lange waren die Hebammen der Region dabei völlig auf sich gestellt. Von 2016 bis 2018 organisierten sie sich selbst und veranstalteten im Rahmen eines Projekts des Landkreises Trier-Saarburg und der Stadt Trier drei- bzw. viermal wöchentlich eine offene Sprechstunde für Frauen, die keine Hebamme gefunden hatten. Es war bald klar, dass dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein bedeuten konnte und langfristig eine andere Lösung gefunden werden musste.

Die Idee einer zentralen Verwaltung und Organisation der Einsatzkoordination der mitwirkenden freiberuflichen Hebammen stand bald im Raum. 2018 konnten dann endlich Projektgelder bei der Stadt Trier, dem Landkreis Trier-Saarburg sowie dem Landesministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie beantragt werden. Letztes Jahr war es schließlich so weit: Seit dem 1. Januar 2019 hat Trier eine eigene Hebammenzentrale.

Hebamme Lina Neitscher (links) Susanne Philippi von minimap

Positive Rückmeldung und hohe Auslastung

Die Tür öffnet sich und wir betreten angenehm helle, lichte Räume. Kaffeeduft liegt in der Luft. Super für uns, es ist nämlich noch ziemlich früh. Ein zweiter Kaffee dringend nötig. Hier in der Südallee 37e hat die Hebammenzentrale im Frühjahr letzten Jahres ihre Räumlichkeiten bezogen. Drei Räume innerhalb der neurologisch-psychiatrischen Praxis Dr. Wieland gehören ihr: Büro, Wartezimmer und Behandlungsraum. Alles ansprechend schlicht eingerichtet. Der eigentliche Behandlungsraum, der sowohl die Untersuchung der Frau als auch des Kindes zulässt, zeugt von einer wohligen Atmosphäre. Und auch an die Geschwisterkinder wurde gedacht: Im kleinen Wartebereich gibt es eine kleine Spielecke mit Kinderküche und Co. 

Aktuell ist die Zentrale mit zwei Hebammen besetzt, die wechselseitig vor Ort sind und gemeinsam eine wöchentliche Anwesenheit von 23 Stunden decken können. Zu mehr reichen die Projektgelder derzeit nicht. Eine Ausweitung ist hier sicherlich wünschenswert, denn in den wenigen Minuten, die wir zwischen Begrüßung und Kaffeetasse überreichen verbracht haben, klingelte bereits mehrfach das Telefon. Die Auslastung ist hoch. Bereits wenige Tage nach dem offziellen Projektstart gingen die ersten Anrufe ein. Seitdem steht das Telefon eigentlich nicht mehr still. Auf die Hebammenzentrale verzichten kann und will niemand mehr.

Wie dringend notwendig die Hebammenzentrale war zeigen auch die nackten Zahlen: Sage und schreibe 990 Anfragen gab es im vergangenen Jahr 2019. Davon gingen 450 telefonisch ein und 540 Anfragen kamen via Webformular unter www.hebammenzentrale-trier.de.

In 530 Fällen konnte eine Hebamme vermittelt und somit eine umfassende Betreuung der Schwangeren (Wochenbettbetreuung, Stillberatung, Vorgespräche und Hilfe bei Beschwerden in der Schwangerschaft etc.) seitens einer Hebamme gewährleistet werden. Konnte keine Hebamme vermittelt werden (381 Fälle), fanden regelmäßige telefonische Beratungen statt oder es wurde ein Sprechstundentermin direkt vor Ort in der Zentrale vereinbart.

Der Behandlungsraum bietet Untersuchungsmöglichkeiten für Mutter und Kind

Effiziente Vernetzung

Ok, schluck, immer noch sehr hohe Zahlen. Gerade für Erstgebärende ist der Gedanke, ohne Hebamme in der ersten Zeit mit Kind dazustehen, erschreckend. Aber wo freiberufliche Hebammen herzaubern, wenn die Grundvoraussetzungen für eine Selbstständigkeit zu angemessenen Bedingungen nicht gegeben sind und ergo der Hebammennachwuchs wegbricht? Dieses große Dilemma kann auch die Hebammenzentrale nicht lösen, aber ihr ist es gelungen, dank effektiver Organisation der Einsatzkoordination die Vermittlungszahlen deutlich zu erhöhen. Ohne die Hebammenzentrale wäre die Zahl der Frauen ohne Hebamme um eine Vielzahl höher.

Das zeigt auch unser kleines Gedankenspiel, das wir mit Lina durchführen: Wir suchen für Susanne in Morscheid eine Hebamme (nein, nein, da ist nix im Busch). Wir testen zum Spaß mal die Hebammenaufstellung, die uns der GkV Spitzenverband ausspuckt. Morscheid ist nicht grade um die Ecke von Trier und doch sollen laut GkV 40 Hebammen zur Verfügung stehen. Mit Lina gucken wir uns die Liste genauer an: Fährt nicht so weit, ist in Elternzeit, arbeitet gar nicht mehr, fährt NIEMALS so weit … rattert Lina die Liste herunter. Am Ende bleiben gerade einmal 4 Hebammen übrig. Wohl gemerkt: Ob die einen Platz frei hätten, weiß man zu diesem Zeitpunkt freilich nicht. Eine gute Chance hätte man wohl nur, wenn man noch mit dem Schwangerschaftstest in der Hand zum Hörer greifen würde.

Lina und ihre Kollegin Nicole wissen all das. Effizient vernetzen sie Suchende und Hebammen, kennen die Kapazitäten jeder Einzelnen und holen so das Maximum aus einem Bereich raus, dem es vorne und hinten an Ressourcen mangelt. Und wo eine Vermittlung nicht gelingt, tragen sie in ihren Räumlichkeiten Sorge für eine an den Umständen gemessen hervorragende Betreuung von Mutter und Kind.

Chapeau, ihr beiden, ihr macht einen großartigen Job!!

KONTAKT:

HEBAMMENZENTRALE

Lina Neitscher und Nicole Keipinger

Telefonsprechstunde:
Montag–Donnerstag
9:00 bis 11:00 Uhr

Tel.: 0651 46 30 21 20

E-Mail: hebammenzentrale-trier@profamilia.de

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