Nee, oder!?! Er kommt nach Trier! War die erste Reaktion von minimap! Aber nicht nur wir waren begeistert: Das Konzert, das ursprünglich im Ex-Haus stattfinden sollte, war ratzfatz ausverkauft.

Seine Lieder wie Anne Kaffeekanne oder Katzentatzentanz laufen damals wie heute in fast jedem Kindergarten und Kinderzimmer. Fredrik Vahle verbindet damit Generationen!

Das Konzert im Mergener Hof war wunderbar! Passender hätte ein Samstagnachmittag bei ziemlich hartnäckigem Regenwetter nicht sein können. Eltern wie Kinder saßen gemütlich auf dem Fußboden im Gewölbekeller und dank Rino (Veranstalter Exhaus) gab es sogar Kaffee und Kuchen! Wir wissen nicht, wer zum Schluss lauter gesungen hat – die Kinder oder die wieder in die Kindheit zurückversetzten Großen!

„Also ich mache Musik, Musik für die Leute, die da sind!“ Was genau Fredrik Vahle damit meint und was er unseren Kindern mit auf den Weg geben möchte, erfahrt ihr in diesem kleinen feinen minimap-Interview!

Wer bist du und was machst du?

Ich fange mal mit meinem Namen an. Ich heiße Fredrik Vahle. Fredrik Vahle aus Salzböden, das ist ein kleines Dorf bei Gießen, und ich mache bzw. ich singe seit mehr als 40 Jahren Kinderlieder und auch andere Lieder. Und ich schreibe auch Kindergeschichten, Gedichte und so weiter.

Und nebenbei bin ich noch in einem anderen Berufsfeld tätig und arbeite an der Universität in Gießen als Sprachwissenschaftler.

Wir haben uns riesig gefreut, als wir hörten, dass du in Trier ein Kinderkonzert spielen wirst und wir dieses miniporträt mit dir machen dürfen. Anne Kaffeekanne und Co. liefen damals, als wir Kinder waren, bei uns zu Hause rauf und runter und jetzt ist es so bei unseren Kindern. Wie ist das für dich, Musik für mehrere Generationen zu machen? Fühlt sich das heute anders an als früher?

Na ja, also ich mache Musik, Musik für die Leute, die da sind. Ich kann ja nur für die Leute spielen, die hier sind. Wenn man CDs macht – oder früher waren es ja die Schallplatten oder MCs –, dann passiert es, dass sowas auch in die Jahre kommt.

Das heißt, dass sich also bestimmte Lieder über die Jahrzehnte gehalten haben, was mich sehr gewundert hat. Als ich angefangen hab, habe ich so gedacht, die sind so 2, 3 Jahre da, und dann sind sie weg. Das war aber nicht so. Das fing schon mit der Rübe an, das war ja meine erste Schallplatte. Es gibt Lieder von der Rübe, die ich wirklich heute noch singe und auch mit Begeisterung singe.

Viele haben gesagt, das sind so Lieder, die gehören in die Zeit, das sind 68er-Lieder, und was danach mit denen ist, weiß man nicht. Aber siehe da, die Probleme, auf die sich die Lieder bezogen haben, sind eigentlich zum großen Teil geblieben – also Aufrüstung, Mieterprobleme, sogenannte Umweltprobleme, die ganze ökologische Frage und und und –, das haben wir ja damals schon in Kinderliedern thematisiert.

Und deswegen finde ich es auf der einen Seite traurig, dass ich die heute noch singen muss, und auf der anderen Seite finde ich es bedeutsam, dass es wirklich Lieder für Kinder gibt, die auf solche Dinge eingehen.

Gibt es ein Lied, das du nicht mehr spielen magst?

Na ja, es gibt viele. Ich habe über 20 CDs gemacht. Ich habe jetzt gerade wieder eins entdeckt, den Rattenfänger von Hameln, der ist auf meiner zweiten Schallplatte drauf, das ist allerdings mehr so ein Lied für Schulkinder. Also, ob ich das heute singe, weiß ich noch nicht, da muss ich die Kinder angucken, gucken wer da ist. Ich gehe auch vorher mit dem Klingeling rum und dann merke ich schon: Wer ist alles da und was kann ich singen.

Also du gehst richtig ins Publikum?

Ja, ja, ich mache ja nicht so ein Vortrags-Konzert, sondern ich mache das so als eine Art Dialog. Ja, das ist eigentlich ein Gespräch, ein großes Gespräch mit den Kindern, verbunden mit einzelnen Show-Einlagen.

War es eher Zufall oder doch geplant, dass du Kinder und zugleich Erwachsene mit deiner Musik und insbesondere mit deinen Texten ansprichst?  

Ich bin ja kein Lehrer und hab mich eigentlich nie um pädagogische Fragen gekümmert. Als ich mir meine ersten Kinderlieder zusammengebastelt habe und mit diesen Liedern zu den Kindern gezogen bin, da haben die zu mir gesagt: Das sind gar keine richtigen Kinderlieder, aber sing mal noch eins. Und so ist es dann auch geblieben! Es gibt andere Kollegen, die vielleicht pädagogisch vielmehr fixiert auf bestimmte Themen sind als ich, ja und bei mir ist es eben nicht so.

Du machst ja nicht nur Musik für Kinder, du schreibst auch Kinderbücher. Welches deiner Bücher liegt dir besonders am Herzen?

Fischbrötchen! Das ist bei mir eine Schildkröte, mein erfolgreichstes Kinderbuch. Das hat schon sieben Auflagen. Erfolgreicher sind bei mir die Lieder wie zum Beispiel Anne Kaffeekanne.

Du hast mal gesagt: „Der Mensch geht eigentlich singend in die Sprache hinein. Die Kunst ist, sich nicht einreden zu lassen, unmusikalisch zu sein.“ Wie können wir das Musische in unseren Kindern fördern?

Na ja, es gibt ein afrikanisches Sprichwort, das lautet: Wer gehen kann, kann auch tanzen, und wer sprechen kann, kann auch singen. Das heißt: Immer wenn wir sprechen, benutzen wir bestimmte melodische Muster, wir reden ja nicht in einem Ton. Das würde ja jede Kommunikation unmöglich oder ganz ganz langweilig machen. Schon wenn wir reden, liegt in unserer Rede eine gewisse Musikalität zugrunde. Da sind auch so Fragmente von Rhythmen drin, obwohl wir ja nicht rhythmisch durchsprechen wie im Gedicht oder im Lied. Wenn wir uns unterhalten, gibt es bestimmte Pausen und so weiter, aber der Rhythmus ist nicht ganz weg. Also ohne bestimmte rhythmische Elemente, würden wir auch nicht sprechen können. Das sind eigentlich Gestaltungsmittel, die aus der Musik kommen und die im Grunde genommen schon in den allerallerersten Kinderworten enthalten sind.

Die ersten Kinderworte sind in gewisser Weise etwas ganz Organismisches, weil sie den Herzschlag aufnehmen. Mama, Papa, Dada … und die sind etwas Poetisches, weil sie sich reimen. Ma-ma nennt man in der Verslehre „identischer Reim“, das ist der Gleichklang. Der rhythmisierte Gleichklang bewirkt, dass sich das Kind diese zwei Silben merken kann. Und es merkt auch: Wenn ich die zum ersten Mal ausspreche, dann steht die ganze Familie Kopf. Denn das ist der Einstieg in die Sprache, wenn das Kleine zum ersten Mal Mama oder Auto oder Dada sagt.

Sollte man denn das Musische in den Kindern proaktiv fördern?

Ganz klares Jein! Also nicht zu viel vorgeben, aber einen Impuls geben, das ist ganz klar.

Also nicht den Klavierunterricht reinprügeln [lacht].

Musikalisch hat ja zwei Bedeutungen. Einmal sagt man, jemand ist musikalisch, weil er ein bestimmtes Talent hat; er sticht sozusagen hervor. Auf der anderen Seite ist jemand auch musikalisch, ich sag mal so, der auch aus einer mittelmäßigen Stimme was machen kann. Es gibt ja viele Sänger, die haben überhaupt keine Stimme. Udo Lindenberg oder so, aber die können mit dem wenigen, was sie haben, eine Menge machen.

Welchen Ratschlag würdest du den Kindern heutzutage mit auf den Weg geben?  

Ohren auf! Nase auf! Augen auf!

Und vor allen Dingen immer hinhorchen, nicht nur auf die Töne und die Musik, sondern auch auf die Stille! Und wenn man dann merkt, dass jeder Ton aus der Stille kommt und wieder in die Stille zurückgeht, ist das eine ganz spannende Sache. Und ich glaube, das sind so Einsichten, die Kinder heute ganz gut gebrauchen können – aber auch die lieben Erwachsenen!

Vielen Dank für das Gespräch!